Historie

Die Entstehungsgeschichte des VfR Ilbenstadt



Anno 1920 - ein verlorener Weltkrieg - stillgelegte Fabriken, Materialmangel -

verbunden mit großer Arbeitslosigkeit!

Diese Umstände gaben der damaligen Jugend viel Freizeit!

Eine trostlose Zeit war in Deutschland angebrochen - aber bummeln wollte die Jugend nicht!


Es waren sieben Freunde in Ilbenstadt, die in dieser "schlechten Zeit" ihre mühsam gesparten Groschen zusammenlegten und dem Vorschlag von Karl Ranft zustimmten:


"WIR KAUFEN GEMEINSAM EINEN BALL"

Diese sieben Freunde


Karl Ranft - Karl Blum - Georg Haus - Johann Dickenberger 

Gottfried Hergert - Theobald Reinhard - Georg Heilmann


setzten ihren sportlichen Pioniergeist in die Tat um - der Ball wurde gekauft!

Der Ball der sieben Freunde war nicht einmal aus Leder!

JA, der erste Ball der Vereinsgeschichte war aus Segeltuch gefertigt!


Aus dieser kleinen Schar sportbegeisterte Jungen entstand der heutige Verein für Rasensport


VfR 1920 Ilbenstadt e.V.

Bei der späteren Gründerversammlung

traten noch viele junge Leute und ältere Männer unserem Verein bei.

"Fußballclub Alemania Ilbenstadt"

war der erste offizielle Vereinsname


Erster Vorsitzender wurde Theobald Ranft!

Das erste Spiel startete im Juni 1920 auf einem provisorischen Platz an der Lehmkaute

(Richtung Burg-Gräfenrode) gegen den Fußballclub Reichelsheim.

Viele Leute hatten zuvor noch nie ein Fußballspiel gesehen - noch viele weniger jemals eins gespielt!

So rief das Spiel, bei den wenigen Zuschauern, gar oft ein mitleidigendes Lächeln hervor!

Aber der Wille dieser jungen Sportler, das Angefangene fortzusetzen und zu verbessern, eiferte sie an!

Sie ließen sich nicht verdrießen, bei jedem Spiel das Feld neu abzustecken,

die kostbaren Torstangen auf- und später wieder abzubauen!

So ging es bis zum Jahr 1930, in dem das 10-jährige Bestehen mit einer Bannerweihe und einem

großen Fest begangen wurde!

Im Laufe der Zeit wurde der Verein stärker - aber die Sportplatzfrage blieb immer noch ein Problem!

Auf verschiedenen Plätzen z.B. an der Eisenbahnbrücke (mit einem guten 3/4 Stunden-Anmarschweg)

schlugen die Fußballer ihr Lager auf!

Die Abwanderung von Spielern zu umliegenden Vereinen sowie geringe Einnahmen führten dazu,

dass der Spielbetrieb zeitweilig zum Erliegen kam.

Der politische Umschwung 1933, das Aufkommen wehrpolitischer Verbände machten dem Fußballsport schwer zu schaffen!

Aber es fanden sich, so wie heute, immer wieder Idealisten,

die den Sportgeist hochhielten und den Verein weiter bestehen ließen!

Erst 1935, als der neue Sportplatz an der Klostermauer durch den damaligen Bürgermeister in Notstandsarbeiten und freiwilligen Arbeitsleistungen errichtet wurde, konnte ein regelmäßiger Spielbetrieb wieder aufgenommen werden.

Jedoch setzte der Ausbruch des 2. Weltkrieges der Fußballfreude ein jähes Ende!

Fast zwei komplette Mannschaften des Vereins mussten im Kriegsgeschehen ihr Leben lassen!


Wieder waren es jene Idealisten, die nach Kriegsende 1945 den schönen Sportplatz an der Klostermauer

in Ordnung brachten und am 25. September 1945 den Spielbetrieb wieder aufnahmen!


1946 wurde der Hessische Fußballverband gegründet und der Verein hatte für die Rundenspiele schon eine kampfkräftige Mannschaft wieder aufgebaut!


1950 feierte der Verein sein 30jähriges Bestehen!


Bei dem Festkommers wurde der langjährige Vorsitzende Georg Heilmann zum Ehrenvorsitzenden ernannt!

Darüber hinaus erhielt er und sein langjähriger "Mitstreiter" Karl Ranft die bronzene Ehrennadel des HFV.

Alle Gründer des Vereins

wurden 1950 mit der silbernen Ehrennadel des Hess. Fußballverbandes ausgezeichnet!


Verein im Wandel der Zeiten


von Christian Vogel


Was wir über die Geschichte des VfR wissen, geht fast ganz auf das zurück, was der Verein selbst dazu in Festschriften und Jubiläen festgehalten hat. Solche Festschriften wurden erstellt zum 50., 60., und 75. Jubiläum (gefeiert wurde auch das 10., 30. und 90. Jubiläum). Außerdem finden sich ganz vereinzelt Angaben zum Verein in den Akten des Landkreises Friedberg bzw. des Wetteraukreises sowie der Gemeinde Ilbenstadt bzw. ihrer Rechtsnachfolgerin, der Stadt Niddatal. Nichts gefunden hat sich in der Pfarrchronik. Durchforscht werden könnten die Jahrgänge von Wetterauer-Zeitung (teilweise digitalisiert) und ihre Vorgängerinnen.


Zeit zwischen den Weltkriegen

In den ersten 25 Jahren entstand erst der Verein und dann sein Sportplatz, ehe im Zweiten Weltkrieg der Spielbetrieb einige Jahre zum Erliegen kam.


Nach dem Ersten Weltkrieg wuchs das Interesse am Fußball enorm. Jetzt entstanden überall in der Wetterau Fußballvereine. In größerem Umfang aufgekommen war das Interesse für Fußball erst nach 1900, ehe 1914-18 der Erste Weltkrieg für eine Unterbrechung sorgte. 1920 war Fußball daher für die meisten immer noch eine neumodische Sache. Am meisten interessiert war wohl die Masse der Kriegsteilnehmer, die Jahre lang Kameraden gewesen waren und dies jetzt fortsetzen wollten. Gemeinsam Fußball zu spielen, bot sich da an. In dieser allgemeinen Stimmungslage ist der VfR entstanden.


Nach der Darstellung der Gründungsmitglieder geschah dies relativ spontan im Frühjahr 1920. Unter Führung von Karl Ranft kauften sieben Freunde - wohl alle Kriegsteilnehmer - einen ganz primitiven Ball und fingen unter nicht weniger primitiven Voraussetzungen einfach zu spielen an. Daraus wurde dann der VfR.

Ganz so einfach lief es aber wohl nicht ab. Gemeinsame Unternehmungen von Jugendlichen waren im damaligen Ilbenstadt eine Sache, die sich nicht von selbst verstand. Der Ort mit seinerzeit noch nicht 1000 meistens katholischen Einwohnern, - der damals nur aus dem Altort bestand, - war nicht wie andere in der Wetterau.

Fast die gesamte Gemarkung gehörte erst den Grafen zu Leiningen und dann dem Staat. Es gab dort daher keine eigentlichen Bauern, sondern nur Pächter, die übrige Bevölkerung waren Arbeiter. Schon im Kaiserreich war die Bevölkerung dem entsprechend politisch gespalten. Auf der einen Seite standen die Pächter und ihr Anhang, die sich zum katholischen Zentrum hielten, auf der anderen Seite die Arbeiter und ihr Anhang, die die SPD wählten. Vereine gabe es in der Regel doppelt.

Die Gründung eines Fußballklubs für den gesamten Ort ging daher nicht glatt über die Bühne.

Zeitweilig gab es noch einen zweiten, katholischen Fußballklub.

Da beim Fußball Trennung nach Konfessionen keinen Sinn machte, müssen sie dann fusioniert und sich den

neuen Namen VfR zugelegt haben.

Der ursprüngliche hieß jedenfalls zunächst "Fußballclub Alemania Ilbenstadt", dann gab es nur noch den

"Verein für Rasensport 1920 Ilbenstadt".

Näheres hat sich darüber nicht herausfinden lassen, es sind lediglich für 1924 57 Mitgllieder angegeben.


Über irgendeine Infrastruktur verfügte der neue Verein zunächst nicht. Ein Vereinsheim hatte man naturgemäß nicht, die Gastwirtschaft "Zum Niddastrand" in der Mühle diente als Vereinslokal. Und ebenso fehlte ein Fußballplatz. Es sind mindestens vier verschiedene Plätze mitten im Feld überliefert, auf denen zunächst gespielt wurde. Teilweise wurden sie als so ungeeignet geschildert, dass der Spielbetrieb mehrfach zum Erliegen kam. Ein eigentlicher Sportplatz, der gleichzeitig als Festplatz für den gesamten Ort diente, entstand erst 1934/35 auf Initiative von Bürgermeister Brückmann zu Beginn des "Dritten Reiches" vor der Klostermauer auf einem Teil des heutigen Platzes (vorher Ackerland). Warum jetzt der Vereinsname in

"Verein für Rasen s p i e l e 1920 Ilbenstadt" gändert war, ist nicht zu ersehen. Bei der "Entnazifizierung" nach 1945 kann dies jedenfalls nur hilfreich gewesen sein, da man den bestehenden Verein einfach fallen lassen und unter dem vorherigen alten Namen "Verein für Rasensport 1920 Ilbenstadt" einen neuen Verein gründen konnte. Dies war umso einfacher, als der Verein nicht im Vereinsregister eingetragen gewesen war und auch jetzt nicht eingetragen wurde.

Georg Heilmann, der während des "Dritten Reiches" lange Zeit 1. Vorsitzender gewesen war,

konnte 1950 problemlos Ehrenvorsitzender werden.

Organisatorisch gehörte der Verein im "Dritten Reich" zum "Deutschen Reichsbund für Leibesübungen",

Gau XII Hessen, Kreis 11 Friedberg.

Nachkriegszeit

In den nächsten 25 Jahren wurde im Wesentlichen einfach da weitergemacht, wo man aufgehört hatte. Der alte und neue VfR wurde wie man wohl sagen darf der führende Verein in Ilbenstadt. Weite Kreise im Ort identifizierten sich jetzt mit ihm, wie die beiden großen Jubiläumsfeiern zeigten.

Fußball wurde zu einem verbindenden Element für den gesamten Ort.


Die Jahre nach dem Krieg waren Jahre des Aufbaus, in denen auch Ilbenstadt eine gewaltige Erweiterung erfuhr. Für die Verbesserung der Infrastruktur des Vereins hatte man daher keine Zeit, man spielte einfach Fußball und tagte da, wo man dies bisher getan hatte. Das Vereinslokal blieb daher eine Gastwirtschaft.

Nach dem Willen der Mitglieder war dies seit 1950 der "Schützenhof".

Gespielt wurde weiterhin auf dem Platz entlang der Klostermauer, der immerhin jetzt eine Beleuchtung erhielt.

Der Verein wuchs in dieser Zeit kräftig und hatte 1960 bereits 170 Mitglieder. Albert Nebel, Vorsitzender und dann Ehrenvorsitzender, spielt in ihm eine führende Rolle. Die Vorsitzenden wechselten seither nach einigen Jahren, so dass es nach den Feststellungen in der Festschrift von 1970 seit 1920 schon ein volles Dutzend war. Fußballerisch gelang dem Verein nur eine bescheidene Rolle. Der Kader der Ersten Mannschaft kam in dieser Zeit - wie in der Regel in der Wetterau - noch aus dem Heimatdorf. In einer Zeit, in der das Fernsehen erst aufkam, stellten sich die Zuschauer zu dessen Spielen in einer Anzahl ein, von der man heute nur träumen kann. Die meiste Zeit waren es aber Spiele in der B-Liga. Angefangen hatte die Erste Mannschaft in der A-Liga des Kreises Friedberg, stieg ab und wieder kurz auf, ehe sie schließlich für längere Zeit in der B-Liga landete. Allerdings wussten schon in dieser Zeit engagierte Trainer durch breite und intensive Jugendarbeit erste Fundamente für die kommende große Zeit des VfR zu legen.

Glanzzeit

Die folgenden 25 Jahre brachten dem Verein herausragende Jahre. Wesentlich dazu beitrug, dass die bis dahin selbstständige Gemeinde Ilbenstadt Ende 1970 in der neugegründeten Stadt Niddatal mit ihren vier Ortsteilen aufging. Dass sich jetzt vier Fußballvereine in der neuen Stadt Konkurrenz machen konnten, gab dem Fußball in ihr einen großen Schub.

Sichtbarer Ausdruck wurde gleich nach der Stadtgründung der "Niddatalpokal",

der jedes Jahr auf einem Turnier der Niddataler Fußballvereine vergeben wird.

Angesichts der neuen Gegebenheiten wechselte der Verein seine Rechtsform und wurde ins Vereinsregister eingetragen als

"Verein für Rasensport 1920 Ilbenstadt e.V". Er wuchs jetzt auf über 200 Mitglieder.

Die Gremien der neuen Stadt förderten den Fußball erheblich und besorgten auch für den VfR eine neue Infrastruktur.

In Ilbenstadt gab es bald zwei teilweise bzw. ganz neue Fußballplätze. Der bisherige Platz vor der Klostermauer erhielt zunächst durch Drehung und Erweiterung eine völlig neue Form. Als er 1975 fertig war, erwies sich der neue Rasen allerdings für längere Zeit als unbespielbar. Dies führte dazu, dass nach kurzer heftiger Kontroverse 1978 von der Stadt Niddatal vor dem Zimmetwald noch ein zweiter Platz geschaffen wurde, nunmehr als Hartplatz, der im nachfogenden Jahr ebenfalls eine Beleuchtung erhielt.

In Eigenhilfe konnten Mitglieder jetzt neben dem neuen Spielplatz an der Klostermauer auch ein kleines eigenes Vereinsheim (allgemein "Häusi" genannt) schaffen, das in den folgenden Jahren zweimal erweitert wurde.


Mit der Schaffung der neuen Infrastruktur einher gingen sportliche Erfolge. Weitgehend bewirkte dies die systematische Jugendarbeit der beiden Trainer und zeitweiligen Vorsitzenden Heinz Gerlach und Horst Schattmann, die die Voraussetzung für eine breite Basis eigener spielerischer Kräfte wurde.

In diesen 25 Jahren bildeten daher im Wesentlichen wie zuvor Mitglieder des eigenen Vereins, die Erste Mannschaft.

Fast durchgehend spielte sie in diesen Jahren in der A-Liga. Gleich im Gründungsjahr der neuen Stadt gelang 1970 der Wiederaufstieg in diese, und 1976 konnte der weitere Aufstieg in die Bezirksliga gefeiert werden. Zwar kam es nach vier Jahren zu einem Knick, der nach dem Abstieg wieder in die A-Liga sogar 1982 die Erste Mannschaft erneut in die B-Liga führte.

Aus eigener Kraft konnte indes 1985 wieder die A-Liga erreicht und eine ganze Reihe von Jahren vorne mitgespielt werden.

Umbruchszeit

Auch im neuen Jahrhundert blieb der VfR mit nunmehr über 300 Mitgliedern ein großer Verein.


Durch eine ganz außergewöhnliche Aktion von Mitgliedern und Freunden erhielt er 2004 ein Zentrum neben dem Sportplatz,

das stabile Weiterexistenz des Vereinslebens garantiert.

An der Stelle des bereits mehrfach erweiterten "Häusi" ist jetzt durch eine ganz große Erweiterung ein

ansehnliches Vereins-Haus getreten.

Lothar Triefenbach, früherer und seinerzeit wieder Vorsitzender, sein Stellvertreter und Nachfolger Andreas Unterstab sowie die Vorstandsmitglieder

Karlheinz Jurida, Oliver Reichardt und Norbert Veith beschlossen im Frühjahr 2003 nach ausgiebigen Diskussionen diesen Bau:

"Wir machen das".

Unterstützung fanden sie bei Dipl. Ing. Paul Engelmann, Bad Homburg. Nach Beschlüssen der Gremien der Stadt Niddatal und der Mitgliederversammlung konnte am 31. Mai 2004 der Bau begonnen und schon am 15. Oktober 2004 fertiggestellt werden. Der schnelle Bau war möglich, weil ihn ausschließlich Ilbenstädter Firmen unter Mithilfe von Spielern sowie Vorstands- und Vereinsmitgliedern durchgezogen und - auch diese nur teilweise - lediglich die Material-Kosten in Rechnung stellten.

Der VfR hat in seinen Reihen ausreichend Frauen und Männer, die sämtliche Innen- und Außenarbeitem qualifiziert ausführen konnten, - vom Zimmermann über Dachdecker, Fenster- und Rollladenbauer, Verputzer, Maler, Heizung- und Sanitärinstallateur und Elektriker bis zum Fliesenleger.

Ein in Jahren zusammengewachsener harter Kern des Vereins engagierte sich hier in einmaliger Weise.

Seine Leistung ist dokumentiert in einem von Erika und Lothar Triefenbach erstellten Bildband.


Für die Weiterexistenz des VfR ist so ein stabiles Fundament gelegt. Nachdem es einige Jahre wieder bergab bis in die B-Liga gegangen war, ist auch fußballerischer Erfolg nicht ausgeblieben.

Eine Hauptherausforderung ist jetzt, was auch anderswo im Trend liegt,

dass der Verein in Ilbenstadt verwurzelt ist, die Spieler der Ersten Mannschaft aber nur noch beschränkt von dort kommen.

D A N K E


an den Historiker und Vorsitzenden der Vereinigung für Heimatforschung in Vogelsberg, Wetterau und Kinzigtal e.V.

Christian Vogel

der auf Bitten besonders die "Nachkriegszeit" des VfR recherchiert und ausgearbeitet hat.

"Es war mir ein besonderes Anliegen, dass die Zeit ab den 1950er Jahren, die bisher in unserer Chronik kaum erwähnt wurde, entsprechend dokumentiert wird - gerade zu unserem 100 jährigen Vereinsjubiläum".


Lothar Triefenbach

Ehrenvorsitzender VfR 1920 Ilbenstadt

im Festjahr 2020 

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